Höherwertige Anleihen werden attraktiver

Höherwertige Anleihen werden attraktiver

Counterpoint - September 2023
Unserer Erwartung zufolge werden die wichtigsten Notenbanken den Zyklus ihrer Leitzinsanhebungen aussetzen, da sich das globale Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten verlangsamen wird. Höherwertige Anleihen werden somit noch attraktiver.
Ein Sommer voller Veränderungen

Zu Beginn des Sommers verzeichneten die Anleiherenditen einen rückläufigen Trend und die Aktienmärkte eine solide Entwicklung. Doch ein einziger Sommer kann alles verändern. Die Anleiherenditen haben zugelegt, während die Aktienmärkte volatiler geworden sind. In den Markt ist Bewegung gekommen.  

Ein ziemlich ereignisreicher Sommer liegt hinter uns. Wir haben innerhalb unseres Investmentkomitees sowohl diese Gegenströmungen diskutiert als auch ihre Auswirkungen darauf, wie wir das Geld unserer Kunden investieren. Kurz gesagt: Da wir von signifikanten Marktschwankungen ausgehen, richten wir Portfolios weiterhin defensiv aus. Dennoch bieten diese Schwankungen neben einer Reihe von Risiken natürlich auch Chancen. Aufgrund dessen haben wir drei Anpassungen beschlossen, um die Risiken abzufedern und die Chancen zu nutzen. 

Mit der ersten Anpassung reagieren wir auf die gestiegene Wahrscheinlichkeit einer Rezession in der Eurozone und in Großbritannien, welche die Attraktivität von Staatsanleihen erhöht. Weshalb? Wegen der möglichen Kettenreaktion, die eine Rezession im Bereich der Anleiherenditen auslösen kann. Wenn sich das Wachstum verlangsamt und die Volkswirtschafen in eine Rezession rutschen, können die Notenbanken durch die Senkung ihrer Leitzinsen Anreize schaffen. Mit sinkenden Leitzinsen reduzieren sich dann auch die Renditen von Staatsanleihen. 

Allerdings spielt die Inflation in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Erfahrungsgemäß geht eine Inflation nicht mit niedrigen Zinssätzen einher. Die gute Nachricht lautet, dass die Inflation in Europa ihren Höhepunkt deutlich überschritten hat und auch in Großbritannien ist die Inflation rückläufig, wenn auch nicht so stark wie in der Eurozone und den USA. Dieser Rückgang der Inflation bedeutet, dass wir uns dem Höchststand der Zinsen nähern. Deshalb halten wir den Zeitpunkt für günstig, um von den Renditen der Staatsanleihen der Eurozone zu profitieren, bevor die Zentralbanken 2024 ihre Leitzinsen senken, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Die zweite Anpassung ist unsere Reaktion auf das enttäuschende Abschneiden des Aufschwungs in China und wirkt sich auf unsere Aktienpositionierung im Asien-Pazifik-Raum einschließlich Japan aus. Die deutliche Erholung, die wir in diesem Jahr in China erwartet hatten, ist ausgeblieben. Hierzu trugen viele Faktoren bei, die wir nachfolgend im Abschnitt Anlagefokus erläutern. Darüber hinaus erwarten wir, dass es mit Blick auf die Entwicklung von chinesischen Aktien und Aktien des breiteren Asien-Pazifik-Raums auf absehbare Zeit nicht zu einer Trendwende kommen wird. Ein Lichtblick in der Region ist Japan. Allerdings wird die dortige Rally durch den qualitativ minderwertigen Teil des Markts angetrieben. Die Bewertungen sind nicht mehr wirklich günstig und die Reform- und Erholungsstory ist mittlerweile bei Börsianern angekommen. Daher beenden wir unsere Übergewichtung von Aktien des Asien-Pazifik-Raums zugunsten von Aktien in den westlichen Industrieländern.

Als dritte Anpassung haben wir die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA in unseren Prognosen nach unten korrigiert. Dennoch kann sie auch weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Sollten die USA in eine Rezession rutschen, dürfte diese angesichts der bisherigen wirtschaftlichen Resilienz eher moderat ausfallen. Dies ist insofern von Bedeutung, als Dividendenkürzungen weniger wahrscheinlich sind wie bisher angenommen. Daher richten wir unser Engagement in hochwertigen und nachhaltigen US-Dividendenzahlern wieder auf den breiteren US-Markt. 

Die vergangenen Wochen haben gezeigt, wie schnell sich die Marktdynamik ändern kann. Deshalb erachten wir es als unverzichtbar, langfristig zu denken und ein breit diversifiziertes Portfolio aufzubauen, das sich auch in stürmischen Zeiten als robust erweist. Darauf gehen wir in unserem aktuellen „Hausmeinungs-Blog-Beitrag zum Thema Portfoliodiversifizierung näher ein.

Robert Greil

Robert Greil

Chefstratege
Robert Greil

Robert Greil

Daniele Antonucci

Daniele Antonucci

Co-Head of Investment & Chief Investment Officer
Daniele Antonucci

Daniele Antonucci

Daniele Antonucci is a managing director, co-head of investment and chief investment officer at Quintet Private Bank. Based in London, he’s a voting member of the investment committee. As head of research, Daniele oversees the investment strategy feeding into portfolios. He chairs the network of chief strategists, which communicates the house view on the economy and financial markets to clients and the media.

Prior to joining Quintet in 2020 as chief economist and macro strategist, Daniele served as chief euro area economist at Morgan Stanley. Earlier, he worked at Capital Economics, Merrill Lynch, Moody’s KMV and the Confederation of Italian Industry. Daniele holds a master’s degree in economics from Duke University and graduated from the Sapienza University of Rome. He’s an ECB Shadow Council member.
Top-Chart
Tendenziell erreichen die Anleiherenditen ihren Höchststand rund um den Leitzinsgipfel
Neben unserer seit Langem gültigen These, dass die US-Notenbank kurz vor einer Aussetzung ihres Zinsanhebungszyklus steht, gehen wir aktuell davon aus, dass auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) ihren Zinsgipfel erreichen. Allerdings dürften sie ihre Leitzinssätze für den Rest des Jahres auf hohem Niveau belassen, bevor es 2024 zu ersten Senkungen kommt. Durch den Leitzinsgipfel werden die Anleiherenditen attraktiv, denn wenn die Notenbanken die Zinsen wieder senken, sinken tendenziell auch die Anleihezinsen.

Die höheren Zinssätze zeigen bereits ihre gewünschte Wirkung: Die Inflation geht zurück und die Konjunktur flaut ab. Mittlerweile deuten Aussagen der Notenbanker darauf hin, dass die Zinsen ihren Höhepunkt weitgehend erreicht haben. Das heißt nicht, dass der Kampf gegen die Inflation gewonnen ist, doch das Blatt wendet sich. Nach unserer Auffassung werden die Notenbanker die Leitzinssätze in den kommenden Monaten auf hohem Niveau belassen, um ein Wiederaufflammen der Inflation zu verhindern. Die hohen Zinssätze werden die Konjunktur unter Druck setzen und wenn sich diese verlangsamt, werden die Notenbanken 2024 die Zinsen senken, um das Wachstum anzukurbeln.

Wenn die Zinssätze ihren Gipfel erreichen, erhöht das die Attraktivität von Anleihen. Die folgende Grafik zeigt, dass sich ihre Renditen tendenziell im Einklang mit den Leitzinssätzen der Notenbanken entwickeln. Aus diesem Grund ist nach unserer Auffassung jetzt ein guter Zeitpunkt, um Anleihen mit längeren Laufzeiten aus dem Euroraum in die Portfolios aufzunehmen, um von den höheren Renditen zu profitieren, bevor sie fallen. Zugleich bietet das einen Puffer für den Fall, dass sich die Konjunkturaussichten eintrüben.

Top Chart


Quellen: Internes Research, Refinitiv; Renditen von Euro-Kernanleihen, abgebildet durch den Durchschnitt der Renditen deutscher und französischer Benchmark-Staatsanleihen 

Anlagefokus
Vertrauen auf Erholung in China wandelt sich in Pessimismus

Drei Faktoren dominieren in diesem Jahr die wirtschaftliche Entwicklung: 

Die ersten beiden Faktoren sind auf Kurs, doch das Vertrauen auf Erholung in China wandelt sich angesichts des schleppenden Verlaufs in Pessimismus.

Aktuelle Entwicklungen

Der nachpandemische Aufschwung in China nach der Wiederöffnung der Wirtschaft hat unsere Erwartungen nicht erfüllt. Wir sprachen zuvor von der Chance Chinas, das Wachstum anzukurbeln, denn dort war die Inflation im Gegensatz zum Westen kein Grund zur Sorge. Doch bislang ist dieser Impuls schwach. Die Aussichten schienen gut, da China seine Wirtschaft früher als erwartet wieder öffnete und die People’s Bank of China ihre Leitzinsen senkte, um das Wachstum zu beleben. Doch nach einer kurzen Rally bei chinesischen Aktien blieb die Wertentwicklung hinter dem breiteren globalen Markt zurück. Ursächlich hierfür ist zum Teil die weltweit schwächer werdende Nachfrage nach Gütern, die sich auf die chinesischen Exporte auswirkt. Es gibt jedoch auch hausgemachte chinesische Probleme. Einzelhandelsumsätze, Industrieproduktion und Unternehmensinvestitionen haben sich allesamt verlangsamt. Hinzu kommt noch eine Immobilienkrise, wodurch sich der Ausblick für China insgesamt deutlich eintrübt.

Anlagefokus

Je weiter man auf der Weltkarte von Westen nach Osten blickt, desto günstiger scheinen Aktien zu werden. Zwar deuten attraktive Bewertungen auf Chancen in Asien hin, da die Anleger Aktien im Vergleich zu den historischen Durchschnittswerten zu einem erschwinglichen Preis erwerben können. Doch hierfür gibt es triftige Gründe. Wir haben bereits auf die aktuellen Schwierigkeiten Chinas und die Risiken hingewiesen, die sich daraus für den gesamten Asien-Pazifik-Raum ergeben könnten.

Europäische Aktien sind derzeit angemessen bewertet und befinden sich folglich im Einklang mit den historischen Durchschnittswerten. Angesichts der Wahrscheinlichkeit einer Rezession lohnt es sich allerdings nicht, das Engagement in der Eurozone oder Großbritannien zu erhöhen, da risikoärmere Anlagen wie etwa Staatsanleihen attraktive Renditen bieten. 

Dies bringt uns zum teureren Ende des Aktienmarkts: den USA. Die starke Performance der US-Aktien seit Jahresbeginn ist auf eine konzentrierte Gruppe von Aktien zurückzuführen, die den breiteren Markt tragen. Aus diesem Grund halten wir im Vergleich zu unserer langfristigen strategischen Allokation ein leicht reduziertes Engagement in US-Aktien, auch wenn sie einen erheblichen Teil unserer gesamten Aktienallokation ausmachen. Darüber hinaus halten wir an US-Aktien mit niedriger Volatilität fest, denn bei einem Marktabschwung bieten sie Schutz. Gleiches gilt für unser Engagement in europäischen Aktien mit niedriger Volatilität.

Angesichts der hohen Unsicherheit halten wir an Aktien mit niedriger Volatilität aus den USA und Europa fest.
Portfolio
Anpassung innerhalb wichtiger Anlageklassen
Dank unserer langfristigen Allokation in globalen Aktien und Anleihen erzielt unsere Asset Allocation in diesem Jahr positive Renditen. Auf Sicht von zwölf Monaten sind wir vorsichtig, denn wir erwarten, dass die verzögerten Effekte der Zinserhöhungen auf Märkte durchschlagen werden, die ebenso wie Aktien sensibel auf Änderungen des Wachstums reagieren. Unsere Gesamtallokation in Anleihen und Aktien lassen wir unverändert, nehmen jedoch Korrekturen innerhalb der wichtigsten Anlageklassen vor.

Auf der Grundlage unserer Position in US-Staatsanleihen haben wir beschlossen, Staatsanleihen aus der Eurozone mit längeren Laufzeiten beizumischen. Die Renditen liegen auf historisch attraktiven Niveaus, da wir uns dem Zinsgipfel nähern. Da sich das Wirtschaftswachstum und die Inflation weiter abschwächen, dürften die Anleiherenditen sinken und die Anleihekurse steigen. Der Zeitpunkt ist günstig, um eine solide Rendite bei relativ geringem Risiko zu erzielen. Wie zuvor erwähnt, lassen wir unsere Gesamtallokation in Anleihen unverändert. Die Beimischung längerer Laufzeiten wurde daher durch den Verkauf einiger Staatsanleihen mit kürzerer Laufzeit finanziert.

Mit Blick auf die Aktien haben wir beschlossen, unsere Übergewichtung in Aktien des Asien-Pazifik-Raums aufzulösen, da diese hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben sind. Das schleppende Wachstum und eine unerwartet schwache staatliche Unterstützung in China belasten weiterhin die Aktien des breiteren Asien-Pazifik-Raums, einschließlich Japans. Trotz attraktiver Bewertungen in China haben wir die bisherige Übergewichtung in Aktien der Industrieländer umgeschichtet, sodass unsere Asien-Pazifik-Position nun wieder unserer langfristigen Allokation entspricht. 

Darüber hinaus haben wir unsere Positionen in dividendenstarken US-Aktien in den breiteren US-Aktienmarkt umgeschichtet. Der Hintergrund: Sollte es zu einem Marktabschwung kommen, würde ein Investment in Aktien, die in der Vergangenheit keine Dividendenkürzungen vorgenommen haben, den Portfolios einen Puffer bieten. Da sich die US-Wirtschaft bisher jedoch als unerwartet robust erwiesen hat, halten wir Dividendenkürzungen mittlerweile für weniger wahrscheinlich. Daher könnte dieses Marktsegment weiterhin hinter US-Aktien insgesamt zurückbleiben. 

STAATSANLEIHEN
Tactical_positionning_for_government_bonds
UNTERNEHMENSANLEIHEN
Tactical_positionning_for_credit
AKTIEN
Tactical_positionning_for_equities
LIQUIDITÄT UND GOLD
Tactical_positionning_for_cash_gold
Wir nehmen uns Zeit zum Zuhören
Wir hoffen, dass dieses Monats-Update informativ für Sie war. Bitte kontaktieren Sie uns, falls Sie dazu Fragen, Anmerkungen oder sonstiges Feedback haben.

Unsere anderen Veröffentlichungen:

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